Wien ist anders
Beobachtung der politischen Berichterstattung zur Wiener Gemeinderatswahl
Eine der wichtigsten bevorstehenden Wahlen in Österreich ist die Wiener Gemeinderatswahl, weshalb wir die politische Berichterstattung hier besonders beobachten.
Unsere Medienmarktanalyse für den Zeitraum vom 5. Mai bis zum 10. Juni 2018 beweist es ein Mal mehr: Wien ist anders – zum Beispiel auch im Vergleich mit der Bundespolitik. Das betrifft nicht nur die politische Zusammensetzung der Stadtregierung, sondern zeigt sich auch in besonderen Auffälligkeiten der Berichterstattung.
Die SPÖ dominiert in sämtlichen Medien deutlich und erreicht medienübergreifend einen Marktanteil jenseits der 70%-Marke. Einzig die Grünen schaffen es, sich mit umstrittenen Forderungen in der Verkehrspolitik neben der omnipräsenten SPÖ medial zu behaupten.
Für Oppositionsparteien ist Wien nach wie vor ein hartes Pflaster. Da der Fokus zurzeit deutlich auf den Regierungsparteien liegt, haben Neos, FPÖ und ÖVP kaum die Chance, mediale Aufmerksamkeit zu generieren.
Themenführerschaft
Angesichts der kürzlich erfolgten Personalumstrukturierungen innerhalb der SPÖ überraschen die ersten beiden Top-Themen nicht. Bemerkenswert ist dennoch, dass die Roten trotz Teamumbildung nicht nur zahlreiche weitere Themen besetzen, sondern inhaltlich in der Stadtpolitik die Richtung vorgeben. Nachdem die neuen Stadträte vorgestellt wurden, bezogen einige sogleich sachpolitisch Position, Gesundheitsstadtrat Peter Hacker gelang dies beispielsweise zum Rauchverbot.
Unter die Top-Themen schaffen es die momentan wohl kontroversesten Themen Lobautunnel und City-Maut. Hier gelingt es den Grünen, mit Polarisierung zu punkten.
Berichtstonalität
Neben dem Berichtsvolumen ist insbesondere die Berichtstonalität ein wichtiger Erfolgsfaktor in der politischen Kommunikation. Erst hier fallen die großen Unterschiede zwischen den einzelnen SPÖ-PolitikerInnen auf. In den letzten Monaten sind die ehemaligen Stadträtinnen Brauner und Frauenberger nicht mehr aus den Negativschlagzeilen gekommen. Das neue Team-Ludwig wird medial sympathisch und offensiv in Szene gesetzt – vor allem der Boulevard spart nicht mit Vorschusslorbeeren. Bürgermeister Häupl wird anlässlich seines Rückzugs aus der Politik geradezu euphorisch inszeniert.
Anders sieht die Situation für die Grünen aus, die müssen bei den Aufreger-Themen Lobautunnel und City-Maut harsche Kritik einstecken, allen voran Maria Vassilakou. Es gibt aber auch Zuspruch – die Grünen polarisieren. Und für die Politik gilt allemal: Besser umstritten, dafür im Gespräch, als von der Bildfläche verschwunden. Mit diesem Problem nämlich kämpft die Opposition in Wien.
Quelle Bild: © fotolia @babaroga