Barrierefreiheit

Wahlkampf auf den letzten Metern

Wo stehen die Parteien in der öffentlichen Wahrnehmung?

Eine skandalgerüttelte FPÖ, wenig Lärm um die ÖVP und Versuch einer Aufholjagd bei der SPÖ

Noch wenige Tage bis zur Wahl und die ehemalige Koalitionspartei FPÖ kommt nicht zur Ruhe. Da nützt es nichts, wenn Ex-Chef Strache im August doppelt so viel Präsenz wie Kurz oder Rendi-Wagner erreicht, die Berichtstonalität über ihn fällt in Österreichs Massenmedien vernichtend aus. Mit Vorwürfen um Postenschacherei, dem Streit um die Facebook-Seite von Strache und den vielen Nachwehen des Ibiza-Videos gelingt es der Partei nicht, aus der Defensive zu kommen. Immer wieder auftauchende kritische Aussagen oder Haltungen von Parteimitgliedern (z.B. LR Klinger in OÖ) sind Garant dafür, dass FP-Chef Hofer in Interviews die Rechtfertigungs- und Verteidigungsrolle nicht los wird. Die FPÖ hat im Wahlkampf zwei Gesichter – jene von Norbert Hofer und Herbert Kickl. Beide generieren ähnlich viel Medienpräsenz – diese Doppelspitze ist ein zweischneidiges Schwert, und Sebastian Kurz hat im ORF-Sommergespräch provokant die Frage gestellt, ob denn die Partei selbst wisse, welche Linie sie verfolge? Mit dem für die Partei traditionell wichtigen Ausländer- und Flüchtlingsthema kommt die FPÖ zuletzt fast gar nicht mehr unter. Auch beim Top-Thema der letzten Wochen, der Klimadebatte, kann Hofer in den Medien nicht punkten, dafür aber bei jenen, die den Klimawandel leugnen oder sich skeptisch den aktuellen Bemühungen für mehr Klimaschutz gegenüber zeigen. Die FPÖ hat eine sehr stabile Stammwählerschaft, sie ist weniger rasch als andere Parteien von Turbulenzen oder Kritik in Medien betroffen - Bewegung wird es trotzdem geben. So wie es derzeit aussieht, verliert die FPÖ auf den letzten Metern die eine oder andere Stimme an die ÖVP. Aber auch diese hatte schon einfachere Zeiten.

In der Medienpräsenz ist die ÖVP – allen voran Parteichef Sebastian Kurz – nach einem fulminanten Juli mit bemerkenswert starker Präsenz und einem breiten Themenprofil in der Krone im August markant zurückgefallen. Für zwei Wochen war Kurz in den Zeitungen fast von der Bildfläche verschwunden und das hat vor allem die SPÖ mit Pamela Rendi-Wagner für sich als Chance genützt. Im August positioniert sich die Parteichefin der Roten taktisch klug mit vielen Ökothemen – vom Plastiksackerl-Aus, über Glyphosatverbot bis hin zum Klimaschutz und findet mit einem klaren Nein zum Mercosur-Abkommen eine breite Bühne in der Kronen Zeitung. Auch ihre TV-Auftritte sind klarer und angriffiger geworden, Rendi-Wagner zeigt zuletzt mehr Kante und setzt stärker auf SPÖ-Kernthemen – zuletzt auf Mindestlöhne und eine Erhöhung der Pensionen. Die aktuelle Performance von Rendi-Wagner ist gut, aber damit wird das Ruder nicht herumzureißen sein. Was sich Sebastian Kurz über viele Jahre erfolgreich aufgebaut hat, fällt nicht so schnell wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Wenig Veränderung gibt es bei den Kleinparteien. Neos-Chefin Meinl-Reisinger hat zuletzt etwas aufgeholt, bei Themen wie Parteienfinanzierung oder der CO2-Steuer positioniert sie sich stark. Meinl-Reisinger punktet mit Fakten, wird als kompetent und sympathisch wahrgenommen und erreicht gemeinsam mit Werner Kogler von den Grünen die beste Berichtstonalität von allen SpitzenkandidatInnen. Was den beiden fehlt, ist Präsenz - und damit mehr Sichtbarkeit in den Massenmedien. Bei Kogler und den Grünen ist das weniger schlimm, weil diese auf dem Klimathema surfen können, welches aktuell eine Hochkonjunktur erlebt. Diesen Vorteil haben Neos nicht – daher müssen sie noch mehr auf Sichtbarkeit setzen. Ein Worst-Case-Szenario zeichnet sich für Peter Pilz ab, er erreicht kurz vor der Wahl kaum Medienpräsenz bei bescheidener Berichtstonalität – und die Umfragen bestätigen die schlechte Ausgangslage der Liste Jetzt.

 

Die ausführliche Analyse von MediaAffairs-Geschäftsführerin Maria Pernegger für den "Standard" finden Sie hier:
"Rendi-Wagner ist in Medien präsenter als Kurz"

 

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