In den letzten Jahren ist in vielen Bereichen das Bewusstsein dafür gestiegen, dass es verstärkt Bemühungen braucht, um die Gleichstellung von Männern und Frauen voranzutreiben, etwa in der Wirtschaft, der Forschung oder auch in der Politik. Diese Versuche gibt es auch im Sport, aber insbesondere im Profisport halten sich männerdominierte Strukturen teilweise sehr hartnäckig. Das betrifft etwa Funktionärsposten, Trainerstellen oder Managementpositionen (z. B. im Olympischen Komitee) und zeigt sich insbesondere auch in den Medien. Die vorliegende Studie untermauert, die Sportberichterstattung heimischer Massenmedien fokussiert stark auf Sportler (88%), Sportlerinnen sind mit nur 12% deutlich unterrepräsentiert. Studienautorin Maria Pernegger (MediaAffairs) dazu:
„Unsere Untersuchung zeigt, dass man gerade im Sport noch weit weg von einer paritätischen Berichtskultur ist. Dieser Missstand ist nicht bloß ungerecht, er zieht zudem viele negative Folgeerscheinungen für Sportlerinnen nach sich.“
Das betrifft vor allem die Sponsoringverträge, die nicht nur von Leistung und Erfolg abhängig sind, sondern vor allem durch öffentliche Sichtbarkeit attraktiv werden. Wenn diese Sichtbarkeit fehlt, bleibt man für Sponsoren schlicht unattraktiv, so Manuela Mandl, Snowboard Weltmeisterin und exploristas Rolemodel, die ergänzt, dass global nur sieben Prozent des Sportsponsoringbudgets auf Frauen entfällt.
Sportlerinnen werden außerdem deutlich passiver inszeniert und erreichen weniger Bildpräsenz. Auch Titelstories im Sport gibt es fast ausschließlich für Männer. Damit fehlen Sportlerinnen als sichtbare Vorbilder – mit weitreichenden Folgen, wie exploristas Mitgründerin Anja Schmidt festhält.
„Vorbilder sind wirkmächtig, sie inspirieren und motivieren. Dafür muss die Vorbildfigur allerdings sichtbar sein. „You can´t be what you can´t see“ oder auch: nur sichtbar ist machbar. Die von exploristas initiierte Studie zu Präsenz und Inszenierung von Sportlerinnen und Sportlern in österreichischen Medien ist die erste in diesem Kontext im deutschsprachigen Raum. Die damit gelungene Faktensammlung sehen wir als Ausgangspunkt zur Sensibilisierung aller Beteiligten hinsichtlich der geringen Medienpräsenz von Sportlerinnen und damit als wesentlichen Beitrag für positive Entwicklungen. Sichtbarkeit und damit Steigerung der Medienpräsenz im Rahmen fairer sportmedialer Darstellung ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein angepasstes Frauenbild im Sport. Damit hängt eng die Möglichkeit von Sportlerinnen zusammen, als Vorbild zu wirken. Es sollte uns nun in Folge gelingen, den Teufelskreis von mangelnder Sichtbarkeit und damit nicht erfüllbarer Vorbildfunktion von Sportlerinnen zu durchbrechen“.
Auch wenn die Sportberichterstattung in der Regel sehr respektvoll und sachlich gestaltet ist, kommt es in Ausnahmefällen vor, dass SportlerInnen nicht an ihrer Leistung gemessen werden, sondern sexualisiert inszeniert werden und in der Berichterstattung mit Trivialisierung und Diffamierung konfrontiert sind. Auch hier sind Athletinnen vielfach stärker betroffen als ihre männlichen Kollegen.
„Der Körper ist im Sport natürlich wichtig und steht im Fokus, aber wie in der Studie ersichtlich werden Frauen öfter als Männer sexualisiert dargestellt“, so die 100% SPORT Präsidentin Christa Prets.
„Die sportliche Leistung wird dabei in den Hintergrund gedrängt, was eine Missachtung für alle ist, die für Gleichberechtigung, Respekt und Geschlechtergerechtigkeit im Sport kämpfen. Als österreichisches Zentrum für Genderkompetenz im Sport fordern wir mit #SchauAufDieLeistung eine Verschiebung des Fokus auf das, was zählt – die sportliche Leistung. Nicht nur Medienschaffende sind hier aufgerufen, sondern auch die Sportorganisationen. Es braucht ein Hinschauen und Umdenken in mehreren Bereichen des Sports.“
Auch die Auswirkung der Corona-Krise im Jahr 2020 war Gegenstand der Medienstudie. So war die Sportszene insgesamt durch zahlreiche Einschränkungen und Absagen stark betroffen, was auch zu einem deutlichen Rückgang der Sportberichterstattung Mitte des Jahres 2020 geführt hat. Getroffen hat die Krise aber wiederholt vor allem Athletinnen, die in dieser turbulenten Phase noch stärker in die Unsichtbarkeit (5% Präsenz im Vergleich zu 95% männliche Sportpräsenz) gedrängt wurden.
Studienautorin Pernegger sieht die Ergebnisse nicht als Abrechnung mit den Medien, vielmehr als Chance für positive Entwicklungen. „Die Zahlen sind eindeutig, aber es wäre zu kurz gegriffen, hier nur Medien in die Verantwortung zu nehmen. Zwischen Sport, Medien und Wirtschaft gibt es eine starke Verflechtung, nur an einem Eck anzusetzen, wäre nicht zielführend.“ Deshalb brauche es eine konstruktive und kritische Auseinandersetzung, die weit über die Medien hinausgeht und auch vor Politik und Wirtschaft nicht Halt machen kann.
„Österreich ist eine Sportnation – Spitzensportlerinnen tragen dazu genauso viel bei wie ihre männlichen Kollegen und sie sind Vorbilder und machen Frauen und Mädchen Mut. Das muss auch in der Öffentlichkeit ankommen. Entscheidend ist hier nicht nur, dass über Frauen im Sport berichtet wird, sondern auch wie berichtet wird. Hier geht es um eine objektive Berichterstattung, fernab von jeder Sexualisierung, wo ausschließlich die Leistungen der Sportlerinnen im Vordergrund steht. Die Medien als vierte Säule der Demokratie und wichtige Multiplikatoren tragen hier eine hohe Verantwortung, weil sie die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen können.“
„Ich schließe mich der Einschätzung der Expertinnen und Experten, die den Aktionsplan ausgearbeitet haben, vollinhaltlich an: Die geringere Sichtbarkeit von Frauen im Sport lässt sich nur dann beheben, wenn sich auch die Medien ihrer zentralen Rolle bewusst und entsprechend aktiv werden. Mit dem Gender-Traineeprogramm, mit dem wir binnen weniger Jahre dutzende hoch qualifizierte Trainerinnen und Managerinnen ausbilden, werden wir den österreichischen Sport nachhaltig verändern.“
Ein zweites Projekt zielt auf die Professionalisierung der österreichischen Frauenligen ab. „Dream Teams“ stellt jährlich insgesamt 1,5 Mio. Euro für rund 70 Vereine der höchsten Spielklassen in acht Sportarten zur Verfügung. Vizekanzler Kogler dazu:
„Dieses Kraftpaket stellt für die Vereine der Frauenligen einen Quantensprung dar, unter anderem in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und PR, wovon ich mir auch mehr Sichtbarkeit verspreche. Mit einer Budgeterhöhung zwischen 15 und 50 Prozent pro Verein – und das jährlich – wird der Abstand zu den Männerligen sukzessive geschlossen.“
Rückfragen:
Mag.a Maria Pernegger
Studienautorin
m.pernegger@mediaaffairs.at
www.mediaaffairs.at
exploristas - Österreichs Initiative zur Bestärkung von Frauen durch Outdoor Sport
Dr.in Anja Schmidt
anja@exploristas.at
www.exploristas.at
100% SPORT, Österreichisches Zentrum für Genderkompetenz im Sport
Christa Prets, Präsidentin
office@100prozent-sport.at
www.100prozent-sport.at