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Frauen öfter an der Spitze, aber nicht an der Macht

Der Weltfrauentag im ORF - mit Analysen von Maria Pernegger

Frauen dürfen seit inzwischen 100 Jahren wählen und gewählt werden. Trotzdem ist Österreichs Spitzenpolitik heute noch großteils männlich. Eine Veränderung ist im Gange, ganz besonders in den Oppositionsparteien, die männliche Dominanz auf dem politischen Parkett ist jedoch nach wie vor ungebrochen. 

Macht Macht automatisch medial sichtbar?

Diese Frage wurde im Ö1 Journal Panorama aus Anlass des Weltfrauentages diskutiert. Zu Gast waren MediaAffairs-Geschäftsführerin Maria Pernegger, Schwechats Bürgermeisterin Karin Baier, Wien-Korrespondent der OÖNachrichten Christoph Kotanko und Uta Russmann vom Institut für Kommunikationswissenschaften der FH Wien.

„Laut Untersuchungen [von MediaAffairs] waren 2017 neun von zehn medial präsenten PolitikerInnen Männer. Seitdem hat sich manches verändert – so übernahmen Frauen beispielsweise zuletzt die Führung aller Oppositionsparteien. Grund dafür mag auch der schlechte Zustand sein, in dem sich diese Parteien zuletzt befanden, vor allem Liste Pilz und SPÖ. […] Ich wage zu behaupten, wenn die SPÖ damals besser aufgestellt gewesen wäre, wäre wahrscheinlich eher ein Mann zum Zug gekommen.“ so Maria Pernegger.

Derselben Meinung ist die Schwechater Bürgermeisterin Karin Baier. Sie ist überzeugt, dass sie, wäre die SPÖ Schwechat zu Zeiten der Wahl in einem besseren Zustand gewesen, männliche Konkurrenz im Wahlkampf gehabt hätte und möglicherweise heute ihren Posten nicht bekleiden würde.  

Maria Pernegger führte weiter aus:

„Frauen sitzen zwar zum Teil an der Spitze der Parteien, aber deswegen nicht unbedingt an der Macht. Die Macht geht oft – das merkt man gerade in der SPÖ – von anderen aus und hier eben oft erst wieder von Männern. Durch Querschüsse aus der Landespolitik, zum Beispiel. Da steht man nicht geschlossen hinter der Chefin.“

Außerdem würden Politikerinnen aus der medialen Berichterstattung immer wieder von männlichen Kollegen verdrängt. Gerade in der türkis-blauen Bundesregierung ließe sich beobachten, dass sogenannte „weiche“ (und oft von Frauen besetzte) Themen wie Familie oder Frauenpolitik auf „harte“ Politikfelder wie Finanzen oder Asyl ausgelegt würden. „Harte“ Kompetenzen würden erwiesenermaßen überdurchschnittlich oft von Männern besetzt, und außerdem bei der medialen Berichterstattung bevorzugt. Aus diesem Grund würden die weiblichen Regierungsmitglieder im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen medial seltener zu Wort kommen.

Als weiterer Grund wurde die Dominanz der Regierungsparteien in der politischen Berichterstattung gegenüber der (stärker weiblich besetzten) Opposition genannt. Maria Pernegger dazu:

„Auch Frauenthemen, die stark polarisieren – zum Beispiel Kopftuch und Burka – werden [in der türkis-blauen Bundesregierung] sehr schnell zur Chefsache erklärt. Da beruft die Regierung einen Gipfel ein und gräbt damit der Opposition das Wasser ab. Bei Themen, wo sich die aktuellen Oppositionsparteien normalerweise stark positionieren.“

 

Die MediaAffairs-Geschäftsführerin analysierte außerdem in der ZIB 1 die Entwicklung der Frauenquote in der österreichischen Politik:

„Offensichtlich ist die Bevölkerung manchmal noch nicht bereit für eine weibliche Politikerin auf Kommunalebene. Weil das oft nicht in das typische Frauenbild passt. […] Auf 100 Jahre gesehen ist die Entwicklung hier zwar sehr langsam, aber es gibt positive Tendenzen. Aktuell haben wir im Nationalrat den größten Frauenanteil sowie eine Opposition, die nur von Frauen geführt wird.“

Fotos: Privat, ORF